Obwohl ich es mir nie hätte erträumen lassen, ist auch für mich die Zeit der Trauer, des Leidens und der Gefangenschaft zu Ende gegangen. Die Schweizer Armee hat den Sklaven Pedretti entlassen, Buchthalen hat mich wieder. Freundlich empfingen mich am 23.Oktober die Buchthaler Wälder. Die Erleichterung mich wieder zu haben, war unser kleinen, heilen Gemeinde ins Holz geschrieben. Doch auch sie vermochte ihrerseits meinen Körper und Geist zu erquicken. Träumend, weinend vor Freude und bis auf die Seele erleichtert, zog ich durch ganz Buchthalen bis in die frühen Morgenstunden des 24.Oktobers hinein. Jeden Baum, jedes Haus grüsste ich und all meine Grüsse wurden erwiedert, immer und immer wieder. Dann, am Ende meines Spaziergangs gelangte ich beim Buchthaler Bänkli an. Zufrieden, wenn auch ein wenig erschöpft, setzte ich mich hin. Das Bänkli begann zu lächeln und sagte nur: "Es ist schön, dass du wieder bei uns bist, Trainer." Gerade in diesem Moment kam mir in den Sinn, dass ich trotz der wiedererlangten Freiheit noch Pflichten hatte. Rasch, aber nicht ohne mich vom Bänkli zu verabschieden, eilte ich nach Hause. Ich setzte mich an meinen Schreibtisch und nahm mein grünes Spartak- Mäppchen aus dem Safe hervor. Im Gegensatz zum restlichen Zimmer hatte es noch keinen Staub angesetzt. Es glänzte wie eh und je. Noch einmal schweiften meine Gedanken ganz Kurz ab, denn die lächelnden Bäume konnte ich nicht von einer Sekunde auf die andere vergessen. Schnell aber holte mich die Spartak- Materie wieder ein und ich begann mit der Arbeit. Wie steht es mit den Spielern? Welche Trainingsmethoden sind erforderlich? 33a oder doch besser 2cd? Das Spielsystem, die Taktik, die Chronik, alles musste überarbeitet beziehungsweise auf den neuesten Stand gebracht werden. Es gab viel zu tun. Zwei Tage und zwei Nächte brütete ich ohne Pause über meinen Unterlagen, bis meine Müdigkeit die Oberhand gewann und ich erschöpft einschlief...
Von Fabio Pedretti,
November 1998